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Das Geisterhaus

Eines schönen Tages gab es eine große Hochzeit im Land, und alle – fast alle – waren als Gäste geladen und dabei. So auch die Bauersleute eines großen Bauernhauses in der nahen Umgebung von Birkfeld. Und damit alles seine Ordnung hätte, während die Bewohner fort waren, hütete die Nachbarsmagd einstweilen das Haus.

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Als sie abends Hunger bekam, ging sie in den Keller, um Sauerkraut zu holen. Im Halbfinsteren stolperte die Dirne plötzlich über einen großen Häfen. Mit der Laterne leuchtete das Mädchen hinein und riss die Augen weit auf.

»Na nu!«, rief sie erstaunt. Wie es aussah, war der Topf bis obenhin gefüllt mit Münzgeld, ja, es schien sogar, als wären die Münzen allesamt aus purem Gold.

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Eine Handvoll könnte ich mir schon herausnehmen, überlegte das Mädchen. Wer würde es schon bemerken? Dann aber ließ es davon ab und beschloss stattdessen, den Hausleuten nach ihrer Rückkehr von ihrem Fund zu erzählen. Bestimmt wussten die gar nichts von dem Goldhäfen. Denn am Vormittag, als sie bereits einmal im Keller gewesen war, um Rüben zu holen, war ihr noch nichts aufgefallen.

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Weit nach Mitternacht kamen die Hochzeiter nachhause. Stotternd berichtete die Magd von ihrem unglaublichen Fund, und augenblicklich stürzten alle in den Keller. Aber, wie könnte es anders sein … der Häfen war verschwunden.

Stattdessen fing es an, in den folgenden Nächten immer öfter, immer lauter auf unheimliche Weise im Haus zu rumoren und zu pumpern. Eine unsichtbare Uhr schlug heimlich die Stunden, und dabei ertönten diese Rufe: »Bouck weg!, Bouck weg!«

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Irgendwann war es den Bewohnern zu viel. Sie hielten es nicht länger aus in ihrem Bauernhaus und zogen hinüber zum Nachbarn. Nur wenige später – es war der Ostersonntag – geschah es: Da brannte das Geisterhaus plötzlich ab, und beim Löschen tropfte es goldgelb aus den Mauern …

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Märchenstunde
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